Über Quartiersmanagement und zeitgemäße EDV-Nutzung

Ein Quartiersmanagementgebiet (kurz QM) ist eine städtische Nachbarschaft mit sozialem Entwicklungsbedarf. Ein Büro für QM wird beauftragt bestehende Kräfte zu vernetzen, Projektgelder werden eingesetzt um sinnvolle Projekte durchzuführen. In Berlin-Mitte macht eine Bürgerjury hier Projektvorschläge und bewertet Projektideen. Die endgültige Entscheidung über die Realisierung von Projekten trifft am Ende das zuständige Fachamt (Jugendamt, Wirtschaftsamt, Kulturamt, etc. je nach Projektidee) der Bezirksverwaltung. In so einer städtischen Nachbarschaft mit beispielsweise 20.000 Einwohnern sind naturgemäß zahlreiche soziale und kulturelle Einrichtungen tätig: türkische, arabische und durchaus auch deutsche Kulturvereine, verschiedene Einrichtungen der Jugendhilfe, verschiedene Selbsthilfeorganisationen, Beratungsstellen, Moscheen u. v. m. Auch Kindergärten, Schulen und unterschiedliche Kirchengemeinden sind vor Ort und gehören zur sozial-kulturellen Nachbarschaft. Alle diese Einrichtungen benutzen E-Mail zur Zielgruppenansprache. Alle diese Einrichtungen benutzen Flyer für Werbe- und Informationszwecke. Keine solcher Einrichtungen verfügt über einen professionellen Werbetexter, einen professionellen Grafiker und professionelle Kenntnisse zur Entwicklung einer sicheren und effizienten Kommunikationsstrategie für das Internet.

In der Praxis wird rückständige Technik mit routiniertem Halbwissen bedient, zum Leidwesen eines (in der Regel) ehrenamtlichen EDV-Administrators.

Das Problem als solches ist recht plausibel: Sozialarbeiter und andere Vertreter „helfender“ Tätigkeiten und Berufsbilder sind eher selten leidenschaftliche Computer-Nutzer. Wenn EDV heute aber auch in kleinsten Einrichtungen zur wichtigsten Grundlage der Kommunikation mit Kooperationspartnern, Geldgebern und – je nach Sachlage – Klienten geworden ist, reicht dann Halbwissen im Umgang mit E-Mail und Webseiten? Diese unzähligen Arbeitsstunden, die mit „die Datei ist weg“ oder „die E-Mail haben wir nicht bekommen“ oder „permanent failure: … Benutzer hat das Speichervolumen ueberschritten“ und so weiter bestritten werden, könnten doch sinnvoller eingesetzt werden?
Im QM Soldiner Straße hat ein Quartiersrat das so gesehen und ein Projekt „Einsatz elektronischer Kommunikationsmöglichkeiten“ mit hoher Bewertung bewilligt. Die Steuerungsrunde hat entschieden, dass das Kulturamt hier zuständig für die endgültige Bewertung ist und das Kulturamt hat abgelehnt, weil so ein Projekt „nicht im öffentlichen Interesse steht“.

Nunja.

Im einem anderen QM haben wir jetzt einen sehr ähnlichen Fall ganz umgekehrt: Am 20. August ist die Bewerbungsfrist für ein recht umfangreiches „Kiez-LAN Moabit-Ost“ zu Ende gegangen: http://tinyurl.com/33pm23w . Ist doch großartig, wenn DIESES QM mit der Zeit geht? Allerdings ist die Konzeption, die sich in diesem Interessensbekundungsverfahren spiegelt eindeutig von gestern und mit den zur Verfügung stehenden Mitteln vermutlich nicht realisierbar. Ein lokal abgeschottetes Angebot soll produziert werden, wozu? Das Produkt dieses Projektes wird am Ende nicht wirklich interessant und lukrativ sein – weder für die Nutzer noch für die Anbieter. Bereits bestehende Angebote über das Internet sind wesentlich leistungsfähiger und verfügen über eine vielfach höhere Reichweite. Sieht so aus, als wenn hier in eine Sackgasse investiert wird.

Wann dürfen Experten der freien Wirtschaft den behördlichen Fachämtern guten Rat geben?

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