Das Buch ist aus einer wissenschaftlichen Konferenz in Karlsruhe in 2007 entstanden. In der Einführung wird der Titel wie folgt aufgelöst: „Das soziale am Web 2.0 ergibt sich durch die Beteiligung des Einzelnen (Ich) , das Entstehen von Gruppen (Wir) und die Wechselwirkung dieser Teilnahme mit dem ‚klassischen’ Journalismus, sowie der Ökonomie (Die Anderen).“
Wer gerne mal darüber reflektiert, was das Internet eigentlich ist und was es mit uns macht, wird das Buch lieben. Hier ist die Rede von „… größte Bewegung seit der Aufklärung, an der mehr Leute als je zuvor teilnehmen, Leute, die vormals zur Inkompetenz und Bedeutungslosigkeit verurteilt waren und nun als Masse von unterdrückten Mitgliedern versuchen, am politischen Leben teilzunehmen, was nichts anderes heißt, als die Kompetenz zu teilen beziehungsweise an Kompetenz teilzuhaben“.
Ich lese mit Interesse, dass das Internet keine reine Informationsquelle (mehr) ist, sondern zugleich ein „interaktiver Unterhaltungs- und Kommunikationsraum“ und ich freue mich, dass Jugendliche diesem Raum gegenüber dem Fernseher offenbar bevorzugen.
Sozialwissenschaftler reflektieren wirklich klug und in flüssiger Schreibe (sicherlich durch Training mit einem Weblog) was das eigentlich soll, wenn Leute ihr Frühstücksei fotografieren und das Foto in ihrem öffentlichen Tagebuch präsentieren. „Ein Weblog dokumentiert, strukturiert, reflektiert und inszeniert … Ereignisse, Interessen und Perspektiven des Selbst in einer Form, die im Real Life nicht möglich wäre.“ … weil wir im Alltag an soziale Rollen in bestimmten Handlungskreisen gebunden sind. Es ist nicht immer und überall passend, über Haustiere, Behördenpost und oder das Wetter zu schwafeln, nur in ein Tagebuch passt alles rein und es hat damit die Funktion, das eigene Leben ganzheitlich zu reflektieren. Natürlich geht es nicht um das Frühstücksei aber die Wahrnehmung des Autors wird differenzierter, ganzheitlicher – egal ob der Autor nun eine reale oder eine Kunstfigur oder eine Mischung aus beidem ist.
Mir hat das Buch viel Spaß gemacht.
Ich, Wir und Die Anderen. Neue Medien zwischen demokratischen und ökonomischen Potenzialen II
Vanessa Diemand, Uwe Hochmuth, Christina Lindner, Peter Weibel (Hrsg.)
Heise Verlag 2009, € 18,00